Dr. Manéli Farhamand
Ich untersuche die Wechselwirkungen zwischen alternativer Spiritualität und bewegungsbasierten Praktiken in der Schweiz. Mein Interesse liegt bei den Praktiken, die eine „Rückkehr des Körpers“ fordern, indem sie Bewegung und Körperkontakt der zunehmenden Virtualisierung sozialer Beziehungen entgegensetzen. Einige der von mir untersuchten Gruppen verbinden „Tanz“ und „Spiritualität“ wie bspw. Open Floor Movement, Dance Contact Improvisation, Dance Gathering, Ecstatic Dance, Tanztherapie und 5Rhythmen. Meine These ist die folgende: Im weiteren holistischen Milieu der Schweiz können wir einen breit angelegten gegenkulturellen Trend beobachten, der die Wiederentdeckung des Körpers und die Dynamiken sinnlicher Wahrnehmung in den Mittelpunkt stellt. Vor diesem Hintergrund untersuche ich die sozialen Normen hinter den Praktiken und die Rolle des Körpers. Dabei leiten folgende Fragen meine Arbeit:
Wie und warum schliessen sich Menschen dem körperbewussten Milieu an?
Wie werden den Dynamiken der Verkörperung spirituelle oder religiöse Bedeutung zugeschrieben? Und wie festigen bzw. dekonstruieren diese Dynamiken soziale Verhaltensweisen?
Welche Beziehungen haben körperbewusste Gruppen zu religiösen Institutionen?
Welche sozialen Funktionen erfüllen diese Gruppen und wie sehen ihre breiteren Einflüsse aus?
Zur Beantwortung meiner Fragen werde ich eine qualitative Studie mit lokalen Fallbeispielen durchführen. Dabei werde ich diejenigen Praktiken untersuchen, die ein Zusammenspiel von verkörperten Dynamiken und einer Vorstellung von „Spiritualität“ aufweisen. Als Kernbeispiel wird die Contact Improvisation dienen.
Maxime Papaux
Ich untersuche die Beziehungen zwischen Klang/Musik, Körper und Spiritualität in der sogenannten New-Age-Religiosität. Meine Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit holistische Musik, sowohl im Hinblick auf ein Musikgenre, das Ende der 1960er Jahre in Kalifornien entstand (New Age Music), als auch auf lokale rituelle Praktiken, die Klang mobilisieren (Wellness und alternative Medizin). Besondere Aufmerksamkeit wird den Praktiken und Überzeugungen gewidmet, die sich auf den Einfluss von Klang, Schwingungen und Frequenzen auf Körper, Geist und Seele (Body, mind, spirit) beziehen.
Die Idee für diese Forschung ist eine Antwort auf die Beobachtung, dass Ambient- und New-Age-Musik seit Mitte der 2010er Jahre wieder auflebt – insbesondere durch Streaming-Plattformen und die (Wieder-)Veröffentlichung von Künstlern mit dem Label «New Age» in der alternativen Musikszene – und dass diese Musik während der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 einen deutlichen Aufschwung erfährt.
Meine Datenerhebung erfolgt hauptsächlich durch das Sammeln von Audiomaterial (CDs/Kassetten/Vinyles/mp3) und schriftlichen Materialien (Bücher/Web/Presse) aus der untersuchten Szene sowie durch Feldforschung (teilnehmende Beobachtung) und Interviews.
Die Forschungsfragen, an denen sich meine Arbeit orientiert, lauten wie folgt:
- Was ist der Ursprung und die Entwicklung der New Age Music?
- Welche Mächte werden dem Klang im Bereich der Spiritualität und alternativen Medizin auf Körper, Geist und Seele zugeschrieben?
- Welche Erfahrungen werden durch das Hören holistischer Musik gelebt, gefühlt und gesucht?
- Wie sehen die rituellen Praktiken, bei denen Klänge eingesetzt werden, in der lokalen holistischen Szene aus?
- Wie wird Musik produziert, verbreitet, rezipiert und konsumiert?
Prof. Dr. Oliver Krüger
Meine Studie PowerPoint Religion zielt (unter anderem) auf den medialen Übergang vom gedruckten Liederbuch zur Beamer-Projektion von Liedtexten in christlichen Gottesdiensten. Im Laufe der letzten zehn Jahre entwickelte sich PowerPoint immer mehr zum bevorzugten Darstellungsmittel in Gottesdiensten unterschiedlichster Gemeinschaften in der Schweiz. PowerPoint dient dabei nicht nur zur Unterstützung während des Gesangs (im Karaoke-Stil), sondern wird auch genutzt, um die Besuchenden willkommen zu heissen, Anweisungen zu geben und visuellen Input während des Gebets zu liefern.
Durch diesen Wandel werden die Hände der Lobpreisenden befreit, was ihnen eine Fülle an körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten verleiht: Sie können ihre Hände heben, klatschen, umstehende Personen berühren, tanzen, während die Aufmerksamkeit auf den Chor / die Bühne ausgerichtet ist. Während die Reformation des 16. Jahrhunderts die Gläubigen durch das Sitzen auf Kirchenbänken disziplinieren wollte, wird nun diese Beamer-Technologie genutzt, um die Dynamik während des Gesangs zu erhöhen und körperliche Interaktion zu fördern. Es ist sogar anzunehmen, dass in einer bewegten Gemeinde Veränderungen in den Genderbeziehungen beobachtet werden können.